maxheld83 / schumpermas

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maxheld83 commented 5 years ago

july 15, 2014 2:35 MESZ

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Veranstaltung "Bürgerkonferenz Steuern" in Syke stößt bei mir auch allergrößte Skepsis. Eine Ansammlung Interessierter, von denen wohl die meisten "Interessierten" von vorn herein bereits eine ihren Interessen und Bedürfnissen (Ideologien) entsprechende Einstellung zum Thema Steuersystem hat (ob fundiert oder eher nicht), wird eine Woche quasi isoliert unter Anleitung und Beeinflussung entsprechender "Experten" zum Entwickeln eines (für wen?) gerechten Steuersystems angeleitet. Dabei sollen Gemeinschafts-Duschen und -Schlafräume hilfreich sein? Was hat der Körper oder der Schlaf in Gemeinschaft mit Fremden für einen Einfluss auf logisch richtige Entscheidungen? Es wird dort eher zu den üblichen Gruppendynamiken kommen. Menschen, die solche intime Nähe nicht mögen, werden abgeschreckt an der Veranstaltung (Kaserniert) teilzunehmen. Auf Fakten bestehende Erkenntnisse einzelner, die nicht in diese Gruppenerwartung passen, werden von vornherein unterdrückt. Man kann eine gewisse sozialistische Führungsstrategie dahinter vermuten. Unser Steuersystem ist nicht in einer Woche entstanden. Sehr viele unterschiedliche Aspekte, vom Sozialhilfe-Empfänger, Arbeitnehmer, Verantwortliche und haftende Führungskräfte in Betrieben, Arbeitgeber, Produzierende oder Dienstleistende Unternehmer, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften, Familien, Ehepartner, Alleinerziehende, Kinderlose, Immobilienbesitzer, Mieter, Vermögende, Nichtvermögende, Leistungsbereite, Nicht-Leistungsbereite, Menschen die neidisch auf die Besitztümer anderer sind, Menschen die stolz auf Ihre Leistungen sind, Vermögenserben-Erben, die ihr Vermögen zum persönlichen Gebrauch verwenden, Erben, deren Vermögen in Betriebskapital steckt und die Arbeitsplätze unterhalten, Vorgaben aus EU-Richtlinien und Verordnungen, WTO und bilaterale Handelsabkommen, usw. und auch in Verbindung mit der gesetzlichen Sozialversicherung, Infrastruktur usw. Die Liste ist fast unendlich. Jedes Steuerrecht muss zwangsläufig bestimmte Ziele haben. Diese können z.B. im Grundgesetz festgelegt sein. Sei es Umverteilung, Förderung von Arbeitsplätzen, soziale Absicherung von Bedürftigen (echte Bedürftige, nicht Leistungsverweigerer die auf Kosten anderer leben wollen), Leistungsfähigkeit, Umweltschutz, Freiheit, Rechtsstaat, Bildung, Wirtschaftsförderung, und vieles mehr. Unser Steuersystem ist in vielen Jahren entwickelt worden und wird den Herausforderungen in der Zukunft weiter angepasst werden. Das ist ein Prozess in unserer Parlamentsdemokratie, gemäß unserem Grundgesetz. Dieses demokratische System muss die Rechte und Bedürfnisse, aber auch die Pflichten aller Generationen berücksichtigen. So ein Steuersystem ist unmöglich im Rahmen einer Studien/Semester/Diplomarbeit entwickelbar. Lassen Sie uns einen Blick auf eine Gesellschaft mit starker Bürgerbeteiligung werfen. Die Schweiz ist ein vorzeigbares Land dafür. Allein in den letzten zwei Jahren wurde die Schweiz wegen Ergebnissen aus Bürgerbeteiligungen auf das schärfste aus dem (europäischen) Umland kritisiert.

Es gibt kein "richtiges" oder "falsches" Steuersystem. Die vielfältigen Bedürfnisse der unterschiedlichsten Interessenverbände müssen im Rahmen der demokratischen Gesetzgebung beachtet werden. Das Steuersystem muss zwingend auf einem Ordnungsrechtlichem Grundsatz (GG) basieren. Die nachfolgenden Steuerzahlergenerationen dürfen nicht mit Lasten der aktuellen Bürgerwünsche belastet werden. Persönlich bin ich der Meinung, dass unser Steuersystem besser ist, als es in den Medien dargestellt wird. Einzelne Teile sind sicher verbesserungswürdig, z.B. beim verringerten Steuersatz von 7 Prozent. Die Absenkung der Eingangssteuersätze in Verbindung mit stark erhöhten Steuerfreibeträgen bei der Einkommensteuer, die Geringverdiener erheblich besser stellt als früher, zeigt, dass das System funktioniert. Der demokratisch beschlossene Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit beachtet die Werte wie Gleichheit, Belastung nach der Leistung, Besteuerung des Einkommens. aber auch Freiheit bei den Vergütungen.

Was bedeutet das Prinzip der Leistungsfähigkeit:

•gleiche Besteuerung für Bürger eines nahezu identischen Einkommens (horizontale Gleichbehandlung); •unterschiedliche Behandlung bei unterschiedlichen Einkommen (vertikale Gleichbehandlung); •Ist-Besteuerung •Geltung des objektiven und des subjektiven Nettoprinzips

Das bedeutet auch eine Sicherheit bei Vermögen. Nur der Einkommensteil aus Vermögen (Zinsen, Mieten, Verpachtungen, Dividenden...) werden versteuert. Eine sozialistische Verstaatlichung der Privatvermögen ist nicht Ziel des deutschen Steuersystems. Im Allgemeinen sind die Gelder, die zum Erwerb vom Vermögen eingesetzt werden schon mindestens einmal besteuert worden. Ein weiterer Grundsatz ist die nicht Bindung von Steuern. D.h. Einnahmen aus Zwecksteuern (Einkommen-, Umsatz-Tabak-, Alkohol-, Mineralöl-, Kfz-Steuern, usw.) fließen in den allgemeinen Haushalt.

Ihre Veranstaltung zum Thema "Wie stellt sich der Bürger ein Steuerrecht vor" wird von vornherein schon durch die Willkürlichkeit der Teilnehmer beeinflusst. Die Unterbringung der Teilnehmer in Gemeinschaftsräumen ohne Privatsphäre (Dusche, Schlafen) führt zu bekanntem Gruppenverhalten. Meine Teilnahme wird durch solche Einschränkungen intimster Art von vorn herein ausgeschlossen. Ihre Studienergebnisse aus diesem Experiment sind deshalb von vorn herein beschränkt aussagekräftig. Es kann eigentlich nur das Gruppenverhalten einer nicht die deutsche Gesellschaft abbildenden intimen Gruppe von teilnehmenden Personen beurteilt werden. Die Ziele, die dieses "Bürgerexperiments" möglicherweise ausarbeitet wird, werden nur eine eingeschränkte Sichtweise einer nicht repräsentativen Gruppe darstellen. Universitätstheorie fällt mir dazu ein.

Mit freundlichen Grüßen

Ein politisch interessierter Bürger (Akademiker) ohne facebook, twitter, google, github, oder Parteibindung