BIK-BITV / BIK-Web-Test

Testverfahren zur Prüfung der Barrierefeiheit von Webanwendungen anhand der Kriterien der WCAG 2.1, EN 301 549 und BITV 2.0
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5.2 Aktivierung von Barrierefreiheitsfunktionen: Frage der Einbeziehung von Overlay-Tools in die Prüfung #417

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detlevhfischer commented 4 months ago

Aktuell fragt ein Prüfer, ob ein Overlay-Tool in die Prüfung nach BITV / EN 301549 mit einbezogen werden muss.

Das ist tatsächlich nicht ganz einfach.

Wenn man ausschließlich die WCAG betrachtet, können die Versionen / Ansichten, die über ein Overlaytool angeboten werden, als "supplemental content" eingestuft werden, der nicht einmal voll barrierefrei sein müsste (denn manche Versionen wären vielleicht so für Bedarfe optimiert, dass sie manche Anforderungen nicht mehr erfüllen). So ist es ja z.B möglich, sich ein Farbschema einzustellen, das 1.4.3 nicht erfülllen würde.

Die EN-Anforderung 5.2, die dem Prüfschritt 5.2 Aktivierung von Barrierefreiheitsfunktionen zugrundeliegt, verlangt jedoch "it shall be possible to activate those documented accessibility features that are required to meet a specific need without relying on a method that does not support that need."

Alle EN-Anforderungen haben ja Voraussetzungen (pre-conditions) die erfüllt sein müssen, damit die anwendbar sind. Ein Weg zur Vermeidung des erheblichen zusätzlichen Aufwands der Prüfung der Zugänglichkeit der Aktivierung von Overlay-Funktionen wäre, auf die Pre-Condition zu verweisen:

5.2. Pre-conditions: 1. The ICT has documented accessibility features to meet a specific need.

Antwortet das Overlay-Tool auf einen "specific need"? Es ist sicher gerade nicht ein Bedarf. Als Schweizer Taschenmesser will das Overlay ja die verschiedensten Bedarfe befriedigen, antwortet also auf viele potentielle Bedarfe.

Wenn man jedoch hier nicht kleinlich sein will und den Blumenstrauß an Bedarfen akzeptiert, ist die nächste Frage: ist dieses accessibility feature (Overlay-Tool) dokumentiert? Manche Overlays, wie EyeAble, dokumentieren sich selbst, angefangen bei einem Tool-Tip bei Fokussierung. Wenn das Overlay-Tool zusätzlich auf dem Angebot dokumentiert ist, z.B. in der Erklärung zur Barrierefreiheit, ist die pre-condition in diesem Punkt wohl erfüllt.

Wenn also die pre-conditions von 5.2 als erfüllt betrachtet werden, müsste eigentlich das gesamte Overlay-Tool-Interface bezüglich sämtlicher Anforderungen mitgeprüft werden, was den Prüfaufwand erheblich erhöht. Wohlgemerkt müsste damit nicht geprüft werden, was die Einstellungen im Tool mit den Inhalten der Seite anstellen - die Anforderung verlangt ja nur, dass die Aktivierung für jene, die die Funktion brauchen, barrierefrei mögllich ist. Und das bedeutet nach unserer Auffassung wegen der häufigen Mehrfachbehinderungen einfach, dass das Overlay-Tool-Interface sämtliche Anforderungen der EN erfüllen müsste.

Bevor wir überlegen, ob und wie wir den Prüfschritt 5.2 anpassen müssten, stelle ich die Frage hier erstmal zur Diskussion.

Diese Frage ist übrigens unabhängig von der Frage, ob Einstellungen des Overlay-Tools ggf. als Conforming Alternate Version zu betrachten wären - siehe #292 und https://github.com/w3c/wcag/issues/2750